„Mir ist schwindelig, das ist ja schlimm“
Schüler lernen Folgen des Alkohols kennen

Die Welt dreht sich: Die Promille-Brille vermittelt die Sinneseindrücke eines Betrunkenen.
 „Oh, mir ist schon schwindelig, das ist ja schlimm“, meint die 14-Jährige. Eine sogenannte Promille-Brille trägt die Schülerin. Sie ist an diesem Schulvormittag in der Haupt- und Realschule Ankum eine von 22 Jungen und Mädchen einer siebenten Klasse, die sich unter anderem mit dem eingeschränkten Sichtfeld und der Reaktionsfähigkeit eines Betrunkenen befassen.
„Koma“ heißt die Anti-Alkohol-Kampagne“, die HRS-Sozialarbeiter André Goda lange vorbereitet hat und die von einem Netzwerk von Akteuren aus unterschiedlichen Verbänden getragen wird. Federführend ist das Team um Jugendreferent Christian Thien vom katholischen Jugendbüro des Dekanates Nord.
Markus und Kathrin sind zwei Mitglieder dieses Teams. Sie haben zu Beginn einer insgesamt vier Unterrichtsstunden umfassenden Aufklärungsaktion etliche Materialien mit in das Klassenzimmer dieser Siebenten genommen. Neben bunten Karten, die zur Kleingruppenarbeit benötigt werden, gehören auch mehrere Promille-Brillen dazu.
Und die stoßen vor allem bei den Jungen der Klasse, die auffällig aufmerksam am Thema dran sind, auf ganz besonderes Interesse. Jonas, Luca, Oliver und Co – auch sie versuchen vergebens, der aufgeklebten gelben Linie auf dem Klassenraumboden zu folgen oder den kleinen Slalom zu schaffen.
Nein, da geht nichts. Die ihnen zugeworfenen Bälle verfehlen sie auf Anhieb ebenso wie die Hand von Kathrin oder Markus. Auch ein Problem: der Umgang mit Wechselgeld. „Pass auf, das ist so schrecklich“, sagt ein Mädchen, als es die Brille an eine Mitschülerin weitergibt.
Auf roten und grünen Karten haben die Schüler aus eigener Beobachtung zusammengetragen, wie der Verzehr alkoholischer Getränke das Verhalten verändern kann. Mal positiv, mal negativ, mal aus Jungen-, mal aus Mädchensicht! „Die sind peinlich, tollpatschig, sie nerven, sind übermütig, aufdringlich und baggern einen an“, heißt es über Jungen.
„Jetzt kommen wir“, sehen sich diese in der großen Runde irgendwie zum Kontern genötigt. „Frauen labern dummes Zeug, sie schnorren, bauen Scheiße, werden geselliger, unabhängiger oder gehen fremd.“ Im Fazit kommen beide Seiten überein: 1. Vieles ist gleich, aber Mädchen wählen andere Ausdrücke als Jungen. 2. Alkoholkonsum verändert jeden.
Welche Getränke wie viele Promille zur Folge haben, ihr Verzehr ins Koma stürzen oder sogar tödlich enden kann, bekommen die Schüler auch per Tageslichtprojektor vermittelt. Das Mathematische daran interessiert weniger, doch die Jugendlichen staunen nicht schlecht.
Auch ein Gottesdienst steht an diesem Aschermittwochvormittag in der Aula an, an dem alle siebenten, achten und neunten Klassen teilnehmen. Einen ebenso kurzen wie prägnanten Film bietet er und eine predigtähnliche Anregung Christian Thiens, den Blick fürs Wesentliche zu wahren und sinnvolle Lebensgestaltung zu wagen.
Bersenbrücker Kreisblatt 27.02.2009